Vom Subjekt und Objekt (3)
Eine zweite Lösung beginnt und endet mit dem Objekt. Das Subjekt wird in die Existenzform des Objekts eingestellt, das Subjekt sozusagen geleugnet und nur die Existenz eines selbst genugsamen Seins behauptet, das nicht noch einmal eine irgendwie selbständige Existenz in der Form der Subjektivität besäße. Hierhin gehört zunächst alles, was man Naturalismus zu nennen pflegt - gleichviel, ob in materialistischer oder in andrer Form; denn der hier zu überwindende Gegensatz von Subjekt und Objekt fällt durchaus nicht mit dem von Seele und Körper zusammen. Es mag sehr wohl sein, daß, wie die Spiritualisten wollen, die ganze objektive Natur in ihrem metaphysischen Wesen seelenhaft oder geistig sei; es mag sein, daß umgekehrt die seelischen Vorgänge im Menschen etwas in demselben Sinne Materielles seien, wie die Elektrizität oder der Nervenprozeß. Die Relation zwischen Subjekt und Objekt bleibt von diesen Fragen, welches denn die substantielle Beschaffenheit einer jeden Partei sei, ganz unberührt. - Nachdem Subjekt und Objekt einmal gegeneinander gestellt sind, gewinnt ein jedes besondere Bestimmtheiten, deren jede durch ihren jeweiligen Gegensatz zu der andern Seite ihren Ton bekommt. Das Subjekt erscheint als frei, als einheitlich, als handelnd oder leidend, als historisches Wesen; das Objekt als ein Zusammenhang von Elementen, deren jedes durch diesen Zusammenhang notwendig bestimmt wird, als eine ausgebreitete Vielheit, als kraftbegabt und bewegt, aber doch ohne das Spezifische des Handelns und des Leidens, als geformt durch zeitlose, überhistorische Gesetze. jeder dieser Bestimmungskomplexe nun, so sehr er nur an dem andern erwachsen ist, kann sich doch aus dieser Relativität heraus verabsolutieren und in seinen Sinn den Gegensinn des andern einschlucken. Dies ist die Bemühung des Naturalismus, insofern er alle Bestimmtheit des Subjekts der des Objekts untertänig machen will; das Absolute ihrer gegenseitigen Fremdheit und Parteimäßigkeit ist herabgestimmt in die Relativität des Unterschiedes zwischen mannigfaltigen Kombinationen und Entwicklungsstufen der natürlichen Objekte, von denen das Subjekt eines ist. Bei aller sonstigen, inhaltlichen Abweichung bietet die Leibnizische Monadologie unserm Problem die gleiche Lösung in genauerer Form an.
Die letzte Realität der Dinge besteht für Leibniz in einer Unendlichkeit punktueller, schlechthin in sich abgeschlossener Wesen, sozusagen metaphysischer Atome oder Monaden. Sie bilden eine Ordnung und Stufenfolge, die ihre Unterschiede nur an den Graden einer und derselben Bestimmung hat: der Tätigkeit oder des Bewußtseins, das in den zu unterst stehenden, den materiellen Monaden gleichsam schläft und in der höchsten, in Gott, im absoluten, durch nichts Ungeistiges gehemmten Maße besteht - während in der Monade, die wir als unsre Seele kennen, eine solche Hemmung stattfindet, die in den tierischen Monaden die Bewußtseinsaktivität immer weiter verdrängt. Der Inhalt dieses unendlich abgestuften Bewußtseins jedes Weltelementes ist immer die Welt, es ist das Wesen jeder Monade, die Gesamtheit aller andern vorzustellen, ihr Leben verläuft in diesem ideellen Zusammenhänge mit der Welt, in deren Plan jede harmonisch eingeordnet ist. Damit ist jede zugleich Subjekt und Objekt, sie ist dieses beides unmittelbar in einem Akte und darin besteht die Einheit ihres Wesens. Die einzelne Monade ist zwar durchaus individuell, selbsttätig und unverwechselbar – aber ein eigentlich subjektives Leben hat sie nicht, weil es der ganze Inhalt ihres Lebens ist, daß sie die Welt spiegelt. Diese Welt besteht freilich nur aus den andern, das gleiche Schicksal – nur in jedesmal anderem Grade - erlebenden Monaden, und das Dasein der Welt ist dieses Wechselspiel, in dem das Ganze nur aus der Summe und dem Zusammenhang der Teile besteht, die Teile aber in dem Leben des Ganzen, das sich, in unendlich abschattierten Bewußtseinsmaßen, in jedem abspielt. Diese absolute Objektivität, die das Dasein jeder Monade ausmacht, und ihre Einordnung in den Gesamtplan des Kosmos, aus dem sie gar nicht herauskann und der nicht aus ihr herauskann, ohne daß das Ganze vernichtigt würde - dies besagt, daß die Welt kein Subjekt enthält, das ihr, als dem Objekt, gegenüberstünde. Der Ausschluß des Gegenüber, in dessen Form doch das eigentliche Subjekt und Objekt sich bilden, ist hier das Entscheidende. Die Monade stellt die Welt nicht in dem Sinne des Idealismus vor, dessen Ich noch immer ein gewisses Eigenleben führt und seinem allerinnersten Sinne nach keine Welt zu bilden brauchte; für die Monade hingegen ist das Weltvorstellen ihr Sein, sie hat das Objekt nicht, sondern sie ist es. Es wäre also ganz falsch zu sagen, die Welt bestände bei Leibniz aus lauter Subjekten; die Monade ist nichts als objektive Weltvorstellung, es ist also eine Welt aus objektiven Welten, die alle den gleichen Inhalt haben - den sie sich gegenseitig gewähren, also eigentlich nicht außer sich haben. Alles Dasein ist seelenhaft - das Materielle nur die Einschränkung und Dumpfheit des Seelischen - und es erhält die besondere Form, die man etwa als die des Subjekts bezeichnen könnte, ausschließlich als Steigerung und Klärung der Dasein überhaupt eignen Perzeption; diese spezifische, aber immer nur graduelle Erhöhung des Weltvorstellens nennt Leibniz die Apperzeption; sie bedeutet, daß das Wesen nicht nur die Welt vorstellt, sondern sie sich vorstellt. Indem es so nicht nur der Welt, sondern auch seines Bewußtseins um die Welt bewußt ist, indem es weiß, daß es ein Träger der Weltvorstellung ist, steht es in einem gewissen sekundären Sinne allerdings der Welt gegenüber. Allein da es auch damit nur eine Entwicklungsstufe des Weltseins ist, mit der tiefsten tierischen und der höchsten göttlichen durch unendliche Zwischenstufen kontinuierlich verbunden, so umfaßt diese einheitlich objektive Ordnung die Erscheinung der Subjektivität, die in jedem Grade, ohne jedes Herausfallen oder Gegenüberstellen, das Ganze durchzieht.
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