Die Persönlichkeit Gottes (3)
Wir wären also formal vollkommene Persönlichkeiten, wenn diese Wechselwirkung eine vollkommen geschlossene wäre und jedes seelische Geschehen seine Veranlassung ausschliesslich in eben diesem Umkreis hätte. Allein das ist nicht der Fall. Wir sind auch mit unsrer Psyche, wie mit unsrem Körper, in die uns äussere Welt verwebt, es finden Wirkungen in ihr statt, die nicht aus ihr allein zu erklären sind, und es scheint auch, als ob gewisse ihrer inneren Vorgänge nach aussen verliefen und sich nicht mit ihrer ganzen Wirkungsmöglichkeit in den psychischen Verlauf weiterstreckten. So wenig wir mit unsrem Körper den reinen Begriff des Organismus erfüllen, so wenig mit unsrer Seele den der Persönlichkeit. Mag dieser Begriff also auch psychologisch in der Erfahrung über uns selbst entstanden sein: seinem Sinne nach ist er „ein Idee", eine Kategorie, der kein empirisches Einzelwesen ganz genügt. Schon dass unser Dasein einen zeitlichen Verlauf als seine Form hat, dass es sich deshalb „erinnern „ muss, um seine Inhalte zu einer, immer fragmentarischen, Wechselwirkung zu bringen – verhindert jene Einheit der Inhalte, mit der wir Persönlichkeit im absoluten Sinne sein würden. Wie nun die Idee des Organismus sich nur an einer einzigen Vorstellung restlos realisiert: an der des Weltganzen, da dieses allein, seinem Begriffe nach, nichts ausser sich hat, das die vollkommene, in sich geschlossene Wechselwirkung all seiner Elemente durchbrechen könnte – so ist der Begriff Gottes die eigentliche Realisierung der Persönlichkeit. Denn er, wie die metaphysisch abgeschlossene Religiosität ihn denkt, kennt keine „Erinnerung" in der menschlich-zeitlichen Form, die immer ihr Gegenteil, das Vergessen, in sich enthält. Für ihn besteht keine Vergangenheit, die ihre Inhalte nur in Bruchstücken an die Wechselwirkung des aktuellen Zustandes überliefert; wer sich nicht erst zu „erinnern" braucht, für den gibt es keine Zeit, dem fällt nicht die Ganzheit und Einheit seines Seins in das Brüchige und Lückenhafte der zeitlichen Distraktion. Was man die „Ewigkeit" Gottes, sein Enthobensein aus der Zeitbedingtheit genannt hat, ist die Form, in der sein absolutes Persönlich-Sein möglich ist. Er wird durch dieses nicht vermenschlicht, sondern er bezeichnet gerade das, woran der Mensch nicht hinanreicht: die absolute Verknüpftheit und Selbstgenugsamkeit des ganzen Daseinsgehaltes. Ein Wesen, das der Teil eines Ganzen ist, wie der Mensch, kann nie vollkommene Persönlichkeit sein, weil es sich von aussen speist und nach aussen abgibt, - was in der Form des Nebeneinander eben dasselbe ist, was die Angewiesenheit unsrer Existenz auf die Erinnerung in der Form des Nacheinander ist: kein Moment jener wirklich in sich geschlossen, ein jeder auf Vergangenheit und Zukunft angewiesen und so keiner wirklich ganz er selbst. Es ist ganz irrig, dass der Gott in dem Masse Persönlichkeit sei, in dem der Mensch ihn in seine Eingeschränktheit hinabzieht. Denn gerade das, was den Menschen einschränkt, dass er nur der Teil eines Ganzen ist, statt selbst ein Ganzes, und dass sein Dasein keine gesammelte Einheit ist, weil es in zeitliche und nur durch die Erinnerung verknüpfte Momente distrahiert ist - eben das verhindert sein ganz eigentliches Persönlichkeit-Sein. Gerade in dem Masse, in dem die Idee Gottes ein wirkliches Ganzes und ein zeitloses Ein-für-alle-Mal, eine absolute Verbundenheit aller seiner Daseinsmomente ist, in dem Masse also, in dem er über den Menschen hinausreicht, erfüllt er den Begriff der Persönlichkeit. Wie wir schon unsre eigene unvollkommene Einheit zu dem Ich verdichten, das sie in rätselhafter Weise trägt, so kristallisiert die wirkliche Einheit des Weltseins zu einer restlosen Ichform, zu der absoluten Persönlichkeit. Wenn man etwa sagt: der Gott als Persönlichkeit ist die Persönlichkeit als Gott - so ist das wohl wahr; nur dass dies nicht die kleine Persönlichkeit des Menschen ist, sondern gerade die grosse der Welt, die das jener versagte Ideal der Persönlichkeitsbestimmungen verwirklicht und damit der religiösen Empfindung entgegenkommt. Indem diese Empfindung sozusagen der Form des Alls gilt, jenseits seiner von ihr zusammengehaltenen Einzelheiten, ist ihr Gegenstand der Gott, zu dem dieser Sinn des Ganzen zusammenwächst.
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