Th.W. Adorno

사회 (4)

Sur l´eau 2009. 2. 28. 01:13

Gesellschaft (4)

 

    Ist der Begriff der Gesellschaft wesentlich ein Funktionsbegriff; gilt er also den Beziehungen von Menschen im Rahmen der Erhaltung des Lebens der Gesamtheit, dem Tun eher als dem Sein, dann ist er wesentlich ein dynamischer Begriff. Allein schon, daß tendenziell am Ende eines jeden Zyklus gesellschaftlicher Arbeit ein größeres Sozialprodukt übrig bleibt, als zu dessen Anfang gegeben war, bedeutet ein dynamisches Moment: dieses »Mehr« und alles, was es an veränderten Möglichkeiten, Bedürfnissen, auch Konflikten impliziert, verweist notwendig auf Änderungen des status quo, mögen diese nun von den Menschen selbst oder von denen, die sie beherrschen, gewünscht sein oder nicht. Ermöglicht aber war das Anwachsen des gesellschaftlichen Reichtums dadurch, daß die Institutionen und Formen der Vergesellschaftung, also alle Organisationen den Menschen als ein Selbständiges gegenübertraten, mit ihnen nicht unmittelbar mehr identisch waren, sich gegen sie behaupteten und verfestigten. Das Prinzip der Vergesellschaftung war zugleich das des sozialen Konfliktes zwischen lebendiger Arbeit und den »statischen« Momenten, den vergegenständlichten Einrichtungen des Eigentums. Davon hat die Soziologie schon in ihren Anfängen Kenntnis genommen. Aber sie ist dabei nach den Spielregeln einer selbst bereits im Institutionellen verfestigten, klassifizierenden Wissenschaft verfahren, sie hat, bei Comte, zunächst einmal die Gesetze der Gesellschaft in statische und dynamische aufgeteilt. Nur allzu nahe liegt die Versuchung, das institutionelle Moment als statisch zu verklären, das dynamische des gesellschaftlichen Lebensprozesses als wandelbar abzutun. Noch bei dem Dialektiker Marx wirkt die Comtesche Aufteilung nach, wenn er in jenen berühmten Teilen der Kritik der politischen Ökonomie, welche der Darstellung der materialistischen Dialektik gewidmet sind, invariante Gesetze einer jeglichen Klassengesellschaft den spezifischen des modernen Kapitalismus kontrastiert. Ihm hat dabei vorgeschwebt, daß in all dem, was bei ihm »Vorgeschichte« heißt, im ganzen Reich der Unfreiheit gewisse perennierende Kategorien am Werke sind, die dann nur in der modernen, rationalen Form der Klassengesellschaft sich zu Formeln wie den in den Schemata des Kapitals niedergelegten spezifizieren; eine Art negativer Ontologie also, wenn man will, die tiefe Ahnung dessen, daß die Existentialien der Geschichte Herrschaft und Unfreiheit sind, und daß daran trotz allem Fortschritt von ratio und Technik nichts Entscheidendes noch geändert ward. Dennoch ist die Einteilung in Invarianten und Abwandlungen, in statische und dynamische Soziologie, streng nicht zu halten. Sie widerspricht dem Begriff der Gesellschaft selbst, als der unauflöslichen Einheit beider Momente. Die historischen Gesetze einer Phase sind nicht bloße Erscheinungsformen allgemeiner, sondern diese wie jene sind begriffliche Versuche, der gesellschaftlichen Spannungen theoretisch mächtig zu werden. Dabei bedient sich die Wissenschaft verschiedener Abstraktionsebenen, darf aber nicht die Realität selbst als aus solchen Ebenen montiert sich vorstellen. Zu den wichtigsten Desideraten an die gegenwärtige Soziologie zählt es, daß sie der billigen Antithese sozialer Statik und sozialer Dynamik sich entledigt, wie sie heutzutage szientifisch zumal im Gegensatz von formalsoziologischer Begriffslehre auf der einen Seite und begriffsloser Empirie auf der anderen sich kundgibt. Die Wissenschaft von der Gesellschaft ist kein Doppelspiel zwischen dem inhaltlichen, aber amorphen Hier und dem beständigen, aber leeren Überhaupt, sondern Einsicht in die dynamische Struktur der Gesellschaft gebietet die unermüdliche theoretische Bemühung um die Einheit des Allgemeinen und Besonderen.

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