Th.W. Adorno

사회 (2)

Sur l´eau 2009. 2. 28. 01:10

Gesellschaft (2)

 

    Der Begriff der Gesellschaft selbst aber gehört erst einer sehr späten Phase der Reflexion an. Er wurde formuliert um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts, und zwar von Saint-Simon und Hegel, ohne daß der eine die Schriften des anderen gekannt hätte. Grund dieser Verspätung ist keineswegs, daß den Menschen die Tatsache der Vergesellschaftung im prägnanten Sinn nicht bewußt gewesen wäre. Im Gegenteil, die Formen der Vergesellschaftung sind in der abendländischen Tradition früher bedacht worden als das Individuum, dessen ganzes Pathos erst in Hellenismus und Christentum sich entfaltete. Aber gerade die Formen der Vergesellschaftung - zunächst: die Formen eines organisierten, kontrollierten Staatswesens - hatten in den Anfängen sozialwissenschaftlicher Besinnung so sehr den Charakter des an sich Seienden, Substantiellen, unproblematisch oder übermächtig Geltenden, daß das Nachdenken über die Gesellschaft mit dem über ihre vergegenständlichten Einrichtungen fast zusammenfiel. Der gesellschaftliche Schleier ist so alt wie die politische Philosophie. Dissentierende Richtungen aus der attischen Frühzeit wurden mit dem Triumph von Platon und Aristoteles verketzert oder vergessen, und der von ihnen polemisch entwickelte Gegensatz dessen, was Natur sei (pusei) und des bloß Gesetzten (tesei), wurde schon sehr frühzeitig mit Hilfe naturrechtlicher Konstruktionen so entschärft, daß die Organisationsformen, die Staatswesen selber, auf die Seite des pusei Seienden gezogen wurden. Selbst als in der mittleren Stoa der Begriff der gesellschaftlichen Universalität zum ersten Mal erreicht war, blieb er an den eines Universalstaats gebunden, und auch die Augustinische Theokratie vermag das Reich Gottes anders denn als Staatswesen nicht sich vorzustellen. Das Sekundäre, die Institution, verkehrt sich in den Köpfen der Menschen, die unter den Institutionen leben, zum Ersten, während das Erste, ihrer tatsächlicher Lebensprozeß, weithin aus ihrem Bewußtsein verdrängt ist. Nicht ohne Anteil daran mag gewesen sein, daß die materielle Arbeit, der die Menschheit ihren Fortbestand verdankt, in der ganzen Antike den Sklaven aufgebürdet war, die keine Sprecher in Philosophie und Wissenschaft fanden. Noch bei Aristoteles sind sie von der Definition des Menschen ausgenommen, und die griechische Sprache besitzt für sie das Neutrum andrapodon, Menschengefüß. So ist es denn nicht erstaunlich, daß die menschheitsumfassenden Lehren der Panaitios und Poseidonios dem römischen Universalstaat, dem integralen Imperialismus zur Ideologie dienten. Vermutlich ist nur um dieses Nutzens willen die düstere stoische Lehre von den positiven Römern so bereitwillig rezipiert worden. Gesellschaft und Herrschaft sind miteinander verfilzt. Heute noch zeugt das bloße Wort Gesellschaft davon, das in allen Sprachen neben seiner umfassenden Bedeutung eine partikulare sich reservierte: die gute Gesellschaft, society, der Inbegriff derer, die dazugehören und am Gestus der sozialen Souveränität einander erkennen, soweit nicht bereits ein social register sie mechanisch kodifiziert, womit freilich der Begriff der society tendenziell sich aufhebt.


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