Th.W. Adorno

Freizeit (7)

Sur l´eau 2008. 8. 29. 07:55

Freizeit (7)

 

    Das Do it yourself, ein zeitgemäßer Typus des Verhaltens in der Freizeit, fällt jedoch in einen weit umfassenderen Zusammenhang. Ich habe ihn schon vor mehr als dreißig Jahren als Pseudo-Aktivität bezeichnet. Seitdem hat Pseudo-Aktivität erschreckend sich ausgebreitet, auch und gerade unter solchen, die sich als Protestierende gegen die Gesellschaft fühlen. Man wird allgemein in der Pseudo-Aktivität ein zurückgestautes Bedürfnis nach Änderung der versteinerten Verhältnisse vermuten dürfen. Pseudo-Aktivität ist fehlgeleitete Spontaneität. Fehlgeleitet aber nicht zufällig, sondern weil die Menschen dumpf ahnen, wie schwer sie ändern könnten, was auf ihnen lastet. Lieber lassen sie in scheinhafte, illusionäre Betätigungen, in institutionalisierte Ersatzbefriedigungen sich ab drängen, als dem Bewußtsein sich zu stellen, wie versperrt die Möglichkeit heute ist. Die Pseudo-Aktivitäten sind Fiktionen und Parodien jener Produktivität, welche die Gesellschaft auf der einen Seite unablässig fordert, auf der anderen fesselt und in den Einzelnen gar nicht so sehr wünscht. Produktive Freizeit wäre möglich erst mündigen Menschen, nicht solchen, die unter der Heteronomie auch für sich selber heteronom geworden sind.

    Freizeit steht indessen nicht nur im Gegensatz zur Arbeit. In einem System, wo Vollbeschäftigung an sich zum Ideal geworden ist, setzt Freizeit schattenhaft die Arbeit unmittelbar fort. Noch fehlt es an einer eindringenden Soziologie des Sports, zumal der Sportzuschauer. Immerhin leuchtet die Hypothese, neben anderen, ein, daß durch die Anstrengungen, welche der Sport zumutet, durch die Funktionalisierung des Körpers im team, die gerade in den beliebtesten Sportarten sich vollzieht, die Menschen sich, ohne es zu wissen, einschulen auf die Verhaltensweisen, die, mehr oder minder sublimiert, im Arbeitsprozeß von ihnen erwartet werden. Die alte Begründung, man betreibe Sport, um fit zu bleiben, ist unwahr nur, weil sie die fitness als eigenständiges Ziel ausgibt; fitness für die Arbeit indessen ist wohl einer der geheimen Zwecke des Sports. Vielfach wird man im Sport erst sich selber einmal antun, und dann als Triumph der eigenen Freiheit genießen, was man sich unter gesellschaftlichem Druck antun und sich schmackhaft machen muß.

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