Vom Subjekt und Objekt (1)
Wenn man eine Grundtatsache sucht, die als die allgemeinste Voraussetzung aller Erfahrung und aller Praxis, aller Spekulation des Denkens und aller Lust und Qual des Erlebens gelten könnte, so wäre sie vielleicht so zu formulieren: Ich und die Welt. Das Dasein, von dem wir überhaupt sprechen können, kann sich gar nicht anders vollziehen, als daß einem Subjekt ein Reichtum von Objekten gegenübersteht, den es lieben oder hassen, den es erkennen und bearbeiten kann, von dem es gefördert oder gehemmt wird. Allein so wenig jenes sozusagen eingliedrige Grundfaktum des Daseins, von dem aus das vorige Kapitel sich entwickelte: daß die Welt ist - als eine gleich unmittelbare Tatsache des Bewußtseins gelten konnte, so wenig wohnt die jetzige, zweigliedrige, dem menschlichen Bewußtsein von vornherein ein. Wenn wir nach der Analogie mit der kindlichen Entwicklung und mit manchen psychologischen Erscheinungen an Naturvölkern urteilen dürfen, so gehört die Scheidung zwischen der subjektiven Seele und der ihr gegenüberstehenden Welt der Objekte einem relativ späten Stadium in der Geschichte der Menschheit an. Die Welt wird samt den Willensaktionen und Gefühlsreaktionen, die sie anregt, einfach hingenommen, und der Gedanke, daß dieses Hinnehmen die Tat einer subjektiven Seele ist, die all jenen Inhalten in einer ganz einzigartigen, gleichsam einsamen Existenzart gegenübersteht; daß andrerseits diese Welt eine objektive Existenz besitzt, mit einem ganz andern Verhältnis zu jener Seele, als zu irgend einem ihrer sonstigen Inhalte - das liegt dem naiven Denken ganz fern. Das Gesehene und Gehörte steht als Inhalt, als Welt, da; aber daß ein Subjekt das Sehende und Hörende ist, daß die so gebildete Welt eine innerliche ist, und daß das Dasein, von diesem Bildcharakter abgesehen, auch noch einen Selbständigkeitscharakter besitzt - das ist offenbar erst das Resultat einer langen Geistesarbeit. Es wäre falsch, zu sagen, daß der Mensch die Welt zunächst ganz objektiv hinnähme und dann allmählich sein Subjekt, das Bewußtsein eines der Welt gegenüberstehenden und sie spiegelnden Ich herausgewönne. Vielmehr, jenes erste Bild ist so wenig objektiv, wie es subjektiv ist, es steht ganz jenseits dieses Gegensatzes, in dem Indifferenzzustand des einfachen Hingenommenwerdens; und Subjekt und Objekt entwickeln sich in gleichem Tempo, weil eins nur am andern und an seiner gegensätzlichen Relation zu ihm seinen Sinn gewinnen kann. Diese Trennung, diese neue, differenzierende Beleuchtung des Weltereignisses tritt natürlich nicht in einem historischen Augenblick ein, um nun für immer zu beharren. Vielmehr vollzieht sich unser Vorstellen noch immer großenteils in jener Ungeschiedenheit von Subjekt und Objekt: die Bilder sind schlechthin da und nur besondere Gelegenheiten rücken sie unter jene, sie innerlich zerlegenden Kategorien. Soweit sie aber ein prinzipielles Bewußtsein erlangt haben, macht die naive Festigkeit des frühesten Standpunktes dem Gefühl einer metaphysischen Unsicherheit Platz und dem Problem, die Einheit nun auf höherer Stufe wiederzugewinnen. Diese Einheit heißt nun Wahrheit: die Übereinstimmung des subjektiven Vorstellens und des objektiven Seins. Sie trägt in sich die Chance, zu gelingen oder nicht zu gelingen, die für die ursprüngliche ungeschiedene Gegebenheit gar nicht in Frage kommt. Ich versuche nun, die hauptsächlichsten Wege darzustellen, auf denen die Philosophie dieses Dualismus Herr zu werden, aus dem Gegenüber von Subjekt und Objekt die Möglichkeit ihrer Übereinstimmung, ihrer trotz allem behaupteten Einheit, zu entwickeln sucht.
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